Am 26. September 2021 waren die Berlinerinnen und Berliner dazu aufgerufen, über das Volksbegehren der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ abzustimmen. Ziel der Initiative ist es, alle Wohnungsunternehmen mit mehr als 3. 000 Wohnungen zu enteignen.
Eine Mehrheit von 57,6 Prozent der Berlinerinnen und Berliner votierte für diesen Volksentscheid. Damit ist der Berliner Senat beauftragt worden, Inhalt und Umsetzbarkeit eines Vergesellschaftungsgesetzes zu prüfen. Er hat zu diesem Zweck im März 2022 eine Expertenkommission unter Führung der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) eingesetzt.
Ein Thema wird diese Kommission besonders beschäftigen: Was wird aus den Genossenschaften mit mehr als 3.000 Wohnungen? Inwiefern diese von der Enteignung ausgenommen werden können, ist nämlich auch nach dem Volksentscheid weiterhin strittig.
Hier finden Sie einen Artikel der Morgenpost vom 28. September 2021 zu den Hintergründen..Im Mai 2022 wurde von den Autoren Dr. Christian Schede und Dr. Johann Schuldt der Kanzlei GreenbergTraurig ein Fachaufsatz veröffentlicht, der das weiterhin bestehende Risiko für Genossenschaften nach dem Volksentscheid bestätigt.
Fachaufsatz Schede/SchuldtZur Ausgangssituation: Waren Genossenschaften in der ersten Fassung des Beschlusstextes der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ noch wortwörtlich von Enteignungen ausgenommen, so wurde in der letztlich zur Abstimmung gestellten Textvariante (Und nur diese zählt!) sehr vage verlautbart:
„Ziel einer Vergesellschaftung ist die Schaffung von Gemeineigentum, weshalb Unternehmen in öffentlichem Eigentum oder in kollektivem Besitz der Mieter*innenschaft oder gemeinwirtschaftlich verwaltete Unternehmen rechtssicher ausgenommen werden sollen“
Allerdings trifft den Autoren Schede und Schuldt zufolge nichts davon auf Genossenschaften zu:
Genossenschaften können von Enteignungen also gar nicht ausgenommen werden, da sie sich – wie oben beschrieben – ihrem Wesen nach nicht in ausreichendem Maße von anderen, in Gewinnabsicht wirtschaftenden Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen unterscheiden. Dem oben genannten Fachaufsatz zufolge würde damit sogar gegen das Grundgesetz verstoßen werden.
Auch die vergleichsweise niedrigen Mieten – ein häufig genutztes politisches Argument – rechtfertigen keinen Sonderstatus von Genossenschaften, wenn es um Enteignungen geht.
Sei es beim Mietendeckel oder beim Zweckentfremdungsverbot: Immer wurde betont, dass man nicht auf die Genossenschaften abziele und sie von diesen Regelungen ausnehmen wolle. Doch am Ende blieb davon nicht viel übrig und die Genossenschaften trafen beide Regelungen voll. Es blieben warme Worte, mit denen man um Verständnis bat, dass eine rechtssichere Regelung nicht mit Ausnahmen für Genossenschaften möglich sei.
Und nun, nachdem die vom Senat eingesetzte Expertenkommission zur Frage der Enteignungen ihre Arbeit aufgenommen hat, wird von der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ weiterhin erklärt, dass man die Genossenschaften ja gar nicht enteignen wolle, sondern nur andere Unternehmen. Die juristische Expertise und vorangegangene Initiativen zeigen aber, dass hier berechtigte Zweifel bestehen.
Daher bitten wir Sie um Unterstützung für ein deutliches Signal: Hände weg von unseren Genossenschaften!
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